Therapie von Lymphödemen

Übersicht:

Kombinierte Physikalische Ödemtherapie (KPE) nach Asdonk

 

Diese nachweislich erfolgreichste Therapie zur Behandlung von Lymphödemen ist eine Kombination aus: 

 

  • Manueller Lymphdrainage 
  • Kompressionsbehandlung
  • Bewegungstherapie in der Kompressionsbandagierung

 

 

Dieses Behandlungskonzept wurde von Dr. Johannes Asdonk, dem Gründer der Feldbergklinik entwickelt. Der Asdonk-Standard, nach dem heute noch in der Klinik erfolgreich behandelt wird, umfasst:

 

  • 1-2x täglich Manuelle Lymphdrainage in Abhängigkeit von Art und  Schweregrad der Erkrankung à 30-60 Minuten
  • Kompressionsbandagierung der Ödemextremität 
  • Gymnastik und Bewegung in der Kompressionsbandage

 

 

Statistische Untersuchungen in der Feldbergklinik belegen eine signifikante Abnahme des Ödemvolumens durch diese Therapie. Für die Entwicklung dieser erfolgreichen Behandlungs-methode von Ödemkrankheiten erhielt Dr. Asdonk 1978 das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse. Vor dieser konservativen Behandlungsmöglichkeit gab es nur die radikale und zum Teil sogar verstümmelnde operative Behandlung. 

Manuelle Lymphdrainage

 

Die manuelle Lymphdrainage ist ein physikalisches Behandlungsverfahren. Durch langjährige Erfahrungen wurden spezielle Handgriffe herausgearbeitet, die entlang der herzwärts gerichteten Lymphabflüsse so ausgeführt werden, dass daraus eine langsame und druckarme Gewebsverformung resultiert. Durch häufige Wiederholung der Griffe während einer Behandlung werden die Lymphgefäße zu einer verstärkten Aktivität angeregt, so dass es zu einer anhaltenden Steigerung der Lymphtransportkapazität kommt. Durch langfristige, regelmäßige Anwendung wird außerdem die Ausbildung funktionsfähiger Umgehungswege in der Haut gefördert.

 

Für die Durchführung der Manuellen Lymphdrainage sind Lymphtherapeuten zuständig. Das sind speziell weitergebildete und geprüfte Krankengymnasten, Masseure und Physiotherapeuten. 

 

Weitere Informationen zum Thema der Fortbildung zur Manuellen Lymphdrainage für Therapeuten finden Sie hier. 

Manuelle Lymphdrainage zur Therapie beim Lymphödem

Kompressionstherapie

 

Im Anschluss an die manuelle Lymphdrainage muss eine Kompres-sionstherapie erfolgen, um einen Rückstau in das durch Lymphdrainage weich gewordene Gewebe zu verhindern. Das kann durch Anlegen einer Kompressionsbandage an Armen oder Beinen oder durch Anziehen von Kompressionsstrümpfen geschehen. Diese Kompression ist tagsüber zu tragen. Eine Nachtkompression kann sinnvoll sein, wenn sich das Ödem dadurch bessern lässt.

 

Kompressionsbandagierung

 

Die Bestrumpfung muss so gewählt werden, dass das Ödem komplett eingeschlossen ist. Beschränkt sich das Ödem auf die Unterschenkel, reichen Kompressionskniestrümpfe. Endet das Ödem unterhalb der Leiste, können Leistenstrümpfe ausreichend sein. Eine Strumpfhose ist notwendig, sobald sich das Ödem über die Leistenregion in den Unterbauch, ins Genitale oder ins Gesäß fortsetzt.

 

Wichtig ist es, zu überprüfen, ob die Patienten in der Lage sind, die Strümpfe selbstständig anzuziehen. Das kann insbesondere für ältere Patienten mit degenerativen Gelenk- und Wirbelsäulenerkrankungen ein Problem sein. Mitunter reicht eine zusätzliche Adipositas, die aufgrund der Bauchfettvermehrung die Patienten daran hindert sich zu bücken und ihre Bestrumpfung allein anzuziehen. Das ist insbesondere bei Strumpfhosen ein Problem. Hier bietet sich alternativ eine zweiteilige Bestrumpfung an, bestehend aus einer Caprihose, die bis zu den Unterschenkeln reicht, kombiniert mit Kniestrümpfen, die darunter oder darüber getragen werden. Auch eine Kombination aus Bermudahose und Leistenstrümpfen ist möglich. Außerdem können Anziehhilfen verordnet werden. Reicht das nicht aus, sind Angehörige oder die Sozialstation für eine Hilfestellung notwendig. Das Ausziehen der Bestrumpfung fällt in der Regel leichter. 

 

Die Abhängigkeit von Hilfspersonen ist immer die schlechteste Variante, weil sie oft dazu führt, dass gar keine Bestrumpfung getragen wird. Besser ist es dann, nach einem Kompromiss zu suchen, der den Patienten die Möglich-keit gibt, ihre Selbstständigkeit zu erhalten. Ein solcher Kompromiss wäre z. B. die Verordnung von Kniestrümpfen, wenn die Beschwerden überwiegend in den Unterschenkeln lokalisiert sind, auch wenn die Oberschenkel verdickt sind, aber keine Beschwerden machen. 

Bewegungstherapie

 

Durch die Bewegung in der Kompression wird der lymphatische Abfluss noch verstärkt und der therapeutische Effekt der manuellen Lymphdrainage deutlich und anhaltend erhöht.

 

Bewegungstherapie in der Bandage

Intermittierende Pneumatische Kompression (IPK)

 

Dazu gehört die Behandlung mit einem Kompressionsgerät (z.B. Lympha Press-Gerät der Firma Villa Sana). 

 

IPK in der Armmanschette

 

Beim Lymphödem darf dieses Gerät allein nur eingesetzt werden, wenn ein geringgradiges Lymphödem vorliegt und der Lymphabfluss im Bereich der Achsel oder Leisten und im Becken funktioniert, d.h. keine Operation oder Radiatio im Bereich von Leisten- oder Beckenlymphknoten vorausgehen.

 

Bei schwergradigen Lymphödemen ist eine manuelle Lockerung der Fibrosen notwendig besonders am Fuß und an der Hand. Außerdem muss mittels manueller Lymphdrainage der Lymphabfluss angeregt werden, so dass die mit dem Kompressionsgerät zum Körper gepumpte Lymphflüssigkeit abfließen kann. Deshalb ist bei schwergradigen Lymphödemen immer die Kombination von manueller Lymphdrainage und IPK notwendig. 

 

Das Lymphödem ist das Symptom einer chronischen Abflussbehinderung in den Lymphgefäßen. Da diese nicht zu beseitigen ist, muss die Behandlung über lange Zeit, häufig sogar ein Leben lang, durchgeführt  werden. Die physikalische Therapie kann nur das Ödem abdrainieren. Sobald Fibrosebildungen im Gewebe hinzukommen, bleibt dadurch bedingt eine Restverdickung der Extremität. Ein Arm oder Bein mit einem chronischen Lymphödem kann durch die lymphologische Behandlung erfolgreich und nachhaltig gebessert, aber nicht geheilt werden.

Lymphgefäßoperation

 

1980 wurde die erste Lymphgefäßtransplantation am Menschen durchgeführt. Dazu werden Lymphgefäße eines gesunden Beines

zur Überbrückung der Abflussblockade an der Ödemextremität benutzt. Eine solche Operation wird in Allgemeinnarkose durchgeführt und dauert mehrere Stunden. Sie bleibt einigen wenigen Fällen vorbehalten.

 

Bei der lympho-venösen Anasto-mosen-Operation werden intakte Lymphgefäße unter der Haut aufgesucht und an das nächstgelegene venöse Gefäß angeschlossen, d.h. anastomosiert. Für diesen operativen Eingriff ist nur eine lokale Betäubung an der Stelle notwendig, wo ein kleiner, wenige Zentimeter langer Schnitt gelegt werden muss, um die Gefäße direkt unter der Haut zu verbinden. Die Operation dauert nur wenige Minuten. Die Ergebnisse sind bisher für uns nicht überzeugend.

 

Jeder Patient, der eine operative Behandlung seines Lymphödems in Erwägung zieht, sollte sich vorher unbedingt beraten lassen. Wir sind in unseren lymphologischen Kliniken jederzeit dazu bereit.

Falsche und unzureichende Behandlung von Lymphödemen

 

Die dauerhafte Behandlung von Lymphödemen mit Wassertabletten (Diuretika) ist falsch. Beim Lymphödem kann das langfristig zu irreversiblen Schäden führen. Die Wassertabletten entfernen zwar das Wasser aus dem Gewebe, nicht aber die Eiweiße, die nur über die Lymphgefäße abtransportiert werden können. Aus den Eiweißen wird später Bindegewebe. Das bedeutet für ein Lymphödem die Zunahme der Verdickung von Haut und Unterhautgewebe durch Fibrosen, die nicht mehr rückbildungsfähig sind.

 

Eine alleinige Behandlung von sekundären Lymphödemen mit einem Kompressionsgerät führt dazu, dass das Ödem bis zur Leistenregion oder Achselregion vorgeschoben wird und dort bei vorhandener Blockierung des Lymphabflusses z.B. als Folge einer Lymphknoten-Operation oder Bestrahlung nicht mehr abfließt. Eine Ödemverschlechterung mit Stauungswülsten und vermehrter Bin-degewebsbildung in diesem Bereich ist die Folge. 

 

Eine völlig unzureichende Behandlung von Ödemen liegt vor, wenn ausschließlich eine manuelle Lymphdrainage ohne Kompressionstherapie durchgeführt wird. Der therapeutische Effekt der manuellen Lymphdrainage, d.h. die Anregung des Lymphabflusses, hält nur etwa 24 Stunden an. Dadurch füllt sich das Gewebe kurze Zeit nach Beendigung der Behandlung wieder mit Ödemflüssigkeit. Wird aber gleich im Anschluss an die Therapie eine Bandage angelegt oder ein Kompressionsstrumpf getragen, wird die Wirkung noch verstärkt und hält bei zusätzlicher Bewegung in der Kompression über Tage an. Zu vermeiden sind Abschnürungen durch falsche Bandagen oder schlecht angemessene Strümpfe.

Kontraindikationen der manuellen Lymphdrainage

 

  • Fieberhafte Entzündung (u. a. das Erysipel)

Es darf keine Manuelle Lymphdrainage angewandt werden, weil die Gefahr der Weiterverbreitung von Krankheitskeimen über das Lymphsystem besteht. Geht die Entzündung zurück und ist kein Fieber vorhanden, kann wieder mit der manuellen Lymphdrainage begonnen werden. 

  • Frische tiefe Beinvenenthrombose 

Es darf keine manuelle Lymphdrainage angewandt werden, solange die Gefahr einer Lungenembolie durch ein wanderndes Blutgerinnsel be-steht. Eine Kompressionstherapie ist zur Schmerzlinderung und Throm-bosebehandlung notwendig. 

Sobald der Patient aufstehen und gehen darf, ist auch eine manuelle Lymphdrainagebehandlung wieder möglich.

 

Bei oberflächlichen Venenentzündun-gen und Thrombosen darf eine Manuelle Lymphdrainage durchgeführt werden. Das akut entzündete Gebiet wird zunächst ausgelassen und nur gekühlt. Das Bein hochlagern oder in der Kompression laufen!

  • Akutes, allergisches Kontaktekzem 

Es darf keine manuelle Lymphdrainage angewandt werden wegen der Gefahr einer weiteren Ekzemausbreitung. Ist das auslösende Allergen entdeckt und ein weiterer Kontakt ausgeschlossen, darf mit manueller Lymphdrainage behandelt werden.

  • Schwere Herzinsuffizienz  (NYHA III und IV)

Es darf keine manuelle Lymphdrainage angewandt werden wegen der Gefahr einer Verschlechterung der Herzinsuffizienz mit drohendem Herz-versagen.

  • Lokales und lokoregionales Tumorrezidiv

Es darf keine manuelle Lymphdrainage angewandt werden wegen der Gefahr der Metastasenausbreitung. Sobald eine Tumortherapie erfolgt oder Metastasen bereits in anderen Organen vorhanden sind, darf mit manueller Lymphdrainage behandelt werden.

Ambulante Behandlung  

 

Ziel der ambulanten Behandlung ist es, das zur Verschlechterung neigende Lymphödem so zu behandeln, dass die Progredienz aufgehalten wird. Damit kann Komplikationen und einer Behinderung vorgebeugt werden. Die fortschreitende Ödematisierung kann am Arm bis zur Gebrauchsunfähigkeit und am Bein bis zur Gehunfähigkeit führen. 

 

Lymphödeme, die nur gering ausge-

prägt sind (Ödemvolumen bis 25%) und keine Tendenz zur Ödemverschlechterung erkennen las-sen, können ambulant und allein mit manueller Lymphdrainage behandelt werden. Diese Behandlung sollte  in Abhängigkeit vom Ödembefund und den Beschwerden erfolgen. Kommt es unter Belastung zu einer 

Ödemverschlechterung, ist zusätzlich eine Bestrumpfung zu tragen. 

 

Alle schwergradigeren Lymphödeme sollten 2-3x  wöchentlich außerhalb des Regelfalls 45 bis 60 Minuten behandelt und grundsätzlich mit einer Kompressionsbestrumpfung versorgt werden.

Ist trotz regelmäßiger ambulanter Behandlung eine Ödemzunahme nachweisbar, liegt die medizinische Indikation für eine stationäre lymphologische Behandlung vor.

 

Ist bei der Intensivbehandlung in einer lymphologischen Fachklinik eine Ödemreduktion erzielt worden, schließt sich eine nachstationäre Behandlung an. Deren Aufgabe ist es, einer erneuten Ödemverschlech-terung und Beschwerdezunahme entgegenzuwirken. Das erfordert  meistens die Weiterführung der Manuellen Lymphdrainage als Lang-zeitbehandlung, d.h. außerhalb des Regelfalls (LY2 oder LY3 Heilmittelverordnung).